Donnerstag, 18. Dezember 2014

Free Saman


Der Islamische Staat Iran droht mit der Hinrichtung von zehn Gefangenen als Vergeltung für den Hungerstreik von 27 politisch Inhaftierten in Urmiye (Rojhelat/Iranisch-Kurdistan). Saman Naseem ist einer von ihnen. Er wurde am 17. Juli 2011 als 17jähriger inhaftiert. Die Folterschergen des Regimes rissen ihm Finger und Fußnägel heraus. Unter Folter gestand er eine Beteiligung an einer militanten Aktion gegen die Pasdaran mit Todesfolge. Im Januar 2012 wurde er von einem Revolutionsgericht in Mahabad für schuldig befunden, "feindselig gegenüber Gott" (moharebeh) zu sein. 



Solidarität mit den verfolgten Eziden


Die Eziden, die seit Jahrhunderten der Hass der Herrschenden trifft, sind nun mit einem noch gnadenloseren Feind konfrontiert. Nachdem der “Islamische Staat” am 3. August Şengal im Nordirak attackierte und weitflächig einnahm, ergriffen die dort Lebenden zu Tausenden die Flucht. “Wir versklaven, verkaufen und teilen ezidische Frauen und Kinder unter uns auf“, heißt es in “Dabiq”, einem Fanzine des „Islamischen Staates“. Anders als Christen, die Tod und Versklavung durch eine Zwangszahlung entfliehen können, seien Eziden “absolute Ungläubige” und fielen somit als ”Beute” an den “Islamischen Staat”. Weit über 3.000 junge Mädchen und Frauen wurden seit den Attacken auf Şengal, wo ein Großteil der Eziden Iraks leben, verschleppt. Diese Sklavenökonomie ist eine weitere perfide Form der genozidal verfolgten Ausrottung der als “absolut Ungläubige” verunglimpften Eziden. Jene, die den Mördern des “Islamischen Staates” und somit dem Tod durchs Halsabschneiderkommando entkommen sind, sind zu Hunderttausenden nach Irakisch-Kurdistan geflüchtet. Nach aktuellen Zahlen der Regionalregierung Irakisch-Kurdistans sind es mehr als 300.000 ezidische Geflüchtete, allein 263.000 von ihnen befinden sich in Duhok, 40.000 in Hewlêr (Erbil) und Silêmanî. Sie sind untergekommen in feuchten Rohbauten, in Straßengräben oder den Hinterhöfen der Altansässigen. Lang anhaltende Regenfälle unterspülen die Planen, zu denen es vielen Geflüchteten einzig langt. Der genozidalen Aggression des “Islamischen Staates” nur knapp entkommen, droht ihnen nun mit dem angebrochenen Winter die Kälte mit dem Tod.

Bis zu 10.000 Eziden harren weiter im Şengal-Gebirge aus, eingeschlossen vom “Islamischen Staat”. In Şerfedîn, wo ein den Eziden heiliger Schrein liegt, verhindern selbstorganisierte Selbstverteidigungsbrigaden das Eindringen des “Islamischen Staates” in das Gebirge mit dem Gröbsten. Auch ihnen fehlt es allem.* Etwa 1.4 Millionen Geflüchtete harren im Moment in Irakisch-Kurdistan aus, zehntausende Christen aus Mosul und Nineveh sowie mehr als 200.000 Geflüchtete vor der syrischen Katastrophe. Währenddessen rationalisieren die “Vereinten Nationen” ihren Betrieb. Allein ihr Ernährungsprogramm für Geflüchtete und Eingeschlossene innerhalb Syriens wurde um 40 Prozent minimiert. Da zugesagte Zahlungen ausbleiben, ist das UN World Food Programme (WFP) gezwungen, seinen Beistand für 1,7 Millionen syrische Binnengeflüchtete einzufrieren.

Unter Deutschen wird indessen die existierende Humanität mit derKontroverse ausgereizt, wer und wohin im Winter abgeschoben werden darf. Joachim Hermann, eine christsoziale Charaktermaske in Ministerwürden, sieht in den aus Serbien flüchtenden Roma das Gegenteil zu den Geflüchteten aus der syrischen Hölle. Der Unterschied, auf den Hermann beharrt, gründet nicht in dem Wissen, dass die Menschen in Haleb oder Raqqa genozidal bedroht sind. Der Unterschied, auf den es Hermann ankommt, liegt allein darin, dass weder die Militarisierung der europäischen Außengrenzen noch die Gewalt der ersten Natur, die in der Geografie lauernden Risiken, bei den Roma, deren Slums und provisorischen Behausungen in Serbien und Mazedonien denen der Geflüchteten in Duhok und Zaxo nicht unähnlich sind, zu zuschlagen vermögen. Zwischen Haleb und Bayern liegen zunächst Tonnen von Fassbomben Assads und die islamistischen Ganglands von Jabhat al-Nusra, Ahrar al-Sham und Da'ish und - für jene, die diesen Aggressoren entkommen sind - die riskantesten Routen, zu denen die Europäer die Geflüchteten zwingen. Über 3420 tote Flüchtlinge forderten im Jahr 2014 allein die Tücken des Meeres. Und selbst dort, wo die Gewalt der ersten Natur am gnadenlosesten zuschlägt, droht den Geflüchteten noch die Repression der zweiten Natur: „Pro Asyl“ dokumentiert systematische "Push Backs" an der griechisch-türkischen Front des europäischen Migrationsregimes. Maskierte Spezialkommandos inhaftieren Geflüchtete ohne jegliche Registrierung auf griechischem Territorium, um sie anschließend in die Türkei abzuschieben. Geflüchtete, die sich zur riskanten Überquerung des Meeres entschlossen haben, werden, sobald sie aufgegriffen werden, systematisch in türkische Territorialgewässer bugsiert, die Motoren ihrer schwimmenden Nussschalen sabotiert. Nahezu alle von „Pro Asyl“ dokumentierten "Push Backs" geschahen im Operationsgebiet der europäischen Frontex-Mission "Poseidon Land and Sea".

Der Irak - mit Ausnahme Südkurdistans, wo sich inzwischen 1,4 Millionen Flüchtlinge aufstauen - droht mit den Attacken des "Islamischen Staates" auf Mosul und die Nineveh Ebene seine letzten Christen und Yeziden zu verlieren.** In Hamburg wurde unter Beteiligung des Autors dieses Blogs eine Kampagne der Solidaritätsinitiative für Şengal (Însîyatîva pishtgirîya bo Shingalê) und Roja Sor e.V. initiiert, mit der zu konkreter Solidarität mit den geflüchteten Eziden aufgerufen wird. Die Kampagne konzentriert sich darauf, das Gröbste zu organisieren, damit die Geflüchteten in Duhok und anderswo den Winter überstehen. Alles weitere (wie Kontodaten) ist dem Flyer der Initiative zu entnehmen (Seite 12). Ich bitte eindringlich um Interesse und Großzügigkeit (eMail: hh.soli.shengal@gmail.com).

*Am 18. Dezember brachen die ersten Peshmerga zu den ezidischen Selbstverteidigungsbrigaden durch. Durch den hierdurch eröffneten Korridor naht die Evakuierung der ins Gebirge Geflüchteten.  **“The Last Plight" von Suzan Younan & Sargon Rouel ist eine eindringliche Dokumentation dieser Katastrophe. 


Sonntag, 26. Oktober 2014

Über den „Islamischen Staat“ - die aktuellste Inkarnation des Todes


Allein die Namen deutscher Jihadisten, die nach Syrien oder in den Irak auswandern, sind Höllengeburten der Multitude deutscher Ideologie: Abu Osama al-Almani etwa, „Vater von Osama, der Deutsche“, rief sich jener als Philip geborene Suizidbomber, der unweit von Mosul mindestens 20 Menschen, überwiegend Peshmerga, mit in den Tod riss. Jüngst ermordete ein weiterer al-Almani mit einer Suizidattacke 26 Menschen in der irakischen Provinz Diyala, wieder waren die Ermordeten vor allem Peshmerga. Doch nicht nur, dass den Selbstverteidigungsbrigaden viel zu lange noch das Gröbste verweigert worden ist, womit sie dieser suizidalen Hölle hätten entkommen können, findet sich auch nirgends eine antifaschistische Organisation, die in konkreter Solidarität mit den Menschen in Şengal, Kobanê und anderswo diese grünen Faschisten vor ihrer Auswanderung nachspürt und angreift, um abzuwenden, dass ein weiterer al-Almani im Irak oder in Syrien mehr Menschen in wenigen Sekunden ermordet als der NSU in mehreren Jahren.

Manch einer mag sich in diesen Wahn einfühlen als eine Überreaktion auf „Islamophobie“ oder „rassistische Diskriminierung“. Nicht nur, dass dabei ignoriert wird, dass die größten Auswandererströme nach Syrien und Irak von dort erfolgen, wo der organisierte Islam eine staatstragende Funktion hat und ihm weitgehend die soziale Kontrolle über Communities und Banlieues übertragen worden ist. Es wird dabei konsequent abgesehen von der sozialen Totalität der Ökonomie. Dessen innerster Kern ist die Abstraktion der Individuen zu Subjekten kapitalistischer Akkumulation. Mit allen anderen gleich, also lebendes Äquivalent zu den Nächsten zu sein, heißt durch alle anderen verüberflüssigt zu werden. Im Angesichts des Wertes werden sie dauernd mit ihrer fundamentalen Minderwertigkeit konfrontiert. Die Agitatoren Allahs sind so auch nicht gezwungen, unter Geflüchteten zu rekrutieren, nicht dort, wo die von Markt und Konkurrenz Ausgeschlossenen ausharren, im Plastikdschungel von Calais etwa oder entlang des Todesstreifens von Melilla, nicht also dort, wo reale Diskriminierung sich tödlich äußert. Sie finden ihre Rekruten, die Inkarnationen des Todes, unter Pizzabäckern und anderen subjektlosen Subjekten. In der Konversion zum nazifizierten Islam wird die Überflüssigkeit der Individuen nicht gestundet, sie wird im Hass auf alles Individuelle glorifiziert. Die jihadistische Märtyrerproduktion radikalisiert die Konfrontation der islamisierten Subjekte mit ihrer Funktionslosigkeit vor dem Kapital, indem sie diese mit dem totalen Nichts konfrontiert: der Tod als Märtyrer wird ihnen zur edelsten Geste an einen ihnen äußerlichen Zweck. Noch darin scheint die Totalität des Kapitals auf, in der die autistische Selbstverwertung des Wertes sich selbst Zweck ist und vor allem darin sind sich die jihadistische Variante des Islam und die nationalsozialistische Variante der deutschen Ideologie so nah. Sie steigern die dem Kapital inhärente Irrationalität bis an die Schwelle einer diesseitigen Hölle, sie eskalieren das subjektlose Subjekt zum Märtyrer, das Funktionalität nur noch im suizidalen Tod für Allah und den Imam realisiert: „Wir lieben den Tod wie ihr das Leben.“

Natürlich: ohne die Zwieschlächtigkeit in den Interessen des türkischen Regimes der Muslimbrüder, des Assad-Regimes, des khomeinistischen Irans und der klerikalen Despotien am arabischen Golf sowie des Lavierens der US-Amerikaner und Europäer wäre es nie zu dem exorbitanten Landgewinn des „Islamischen Staates“ gekommen. Die Pseudofront zwischen diesen Mimen wäre wahrlich als Verschwörung zu charakterisieren, würde dadurch nicht verdunkelt werden, dass der „Islamische Staat“ weniger das Produkt anderer Interessen ist als das eines Racketisierungsprozess, dem viel mehr mit den Kategorien Krise und Ideologie nachzugehen wäre. Die in schwarz gehüllten Halsabschneider sind die authentischen Liquidatoren einer absolut ruinösen Modernisierung in den arabischen Staaten, viel mehr: einer Modernisierungsattrappe, dessen Einknicken auch nur durch die Repression der politischen Polizei so lange hinausgezögert werden konnte. Was sich an dem „Islamischen Staat“ exemplifiziert, ist die Entgrenzung eines konfessionellen Bandenwesens, welches zuvor noch national integriert war. Die Alawitisierung des syrischen Regimes oder die Sunnitisierung des irakischen Baʿth-Regimes unter Saddam Hussein gehorchte dem objektiven Zwang, sich eine absolut loyale Basis als Staatsmaterial zu halten. Wurde der Staatsapparat auch konfessionalisiert, war die herrschende Clique doch gezwungen, darüber den Schleier eines überkonfessionellen syrischen oder irakischen Nationalismus zu legen.

Die Brut Saddams

Die innerislamische Entzweiung von Shiah („Partei Alis“) und ahl as-sunna („Volk der Tradition“) und die Terrorisierung von allen realen und halluzinierten „Feinden der arabischen Nation“ im Irak, die unter dem Schleier des Baʿth-Staates „des ganzen Volkes“ ausgereizt worden sind, haben das Terrain geebnet für Daʿesh (so das arabische Akronym für den „Islamischen Staat“). Zunächst als „al-Qaida im Irak“, dessen aktuellste Inkarnation Daʿesh ist, organisierten die Jihadisten die Rache der sunnitischen Stämme für die Verdrängung aus den Funktionen des zerschlagenen Baʿth-Apparates. Über Syrien wanderten tausende Jihadisten ein, überwiegend aus anderen arabischen Staatsruinen. Die geschlagenen Loyalisten Saddam Husseins betrieben Mimikry und drangen mit ihrem militärischen Know-how bis in die Kommandostrukturen der Daʿesh vor. Unterdessen schnürte sich, toleriert von den US-Amerikanern, der Zugriff des khomeinistischen Irans auf die irakische Shiah weiter zu. Schiitische Todesschwadronen infiltrierten Polizei und Paramilitärs und terrorisieren seither die verbliebenen Sunniten in den schiitischen Viertels Baghdads und anderswo.

Nicht nur, dass Daʿesh ranghohe Baʿth-Militärs in ihren Reihen zählt, die Jihadisten wahren auch die Tradition der baʿthistischen Terrorisierung der realen und halluzinierten „Abtrünnigen“ der arabisch-islamischen Nation. Wie Daʿesh den Yeziden die Entscheidung aufzwang, Konversion zum Islam, Tod oder die Flucht ins schroffe Gebirge, sprach das Baʿth-Regime in den dunklen Tagen der Militäroperation „al-Anfal (1986-89), inspiriert von der Koransure: „Die Beute“ , ein letztes Ultimatum an die „Abtrünnigen“ aus: Entweder fügen sie sich der irakischen Nation, mit der Konsequenz einer Zwangskasernierung unter dem strengen Regiment des baʿthistischen Militärs, oder sie würden aus der irakischen Nation herausfallen und als Deserteure gelten. Desertion aber wurde im Irak Saddams, wie auch woanders, mit dem Tod geahndet. Der Tod durchs Gas war integriert in die „al-Anfal-Kampagne“, in der das Baʿth-Regime Arabisierung und Pazifizierung des abtrünnigen Hinterlandes im nördlichen Irak, das abwechselnd als „israelische Enklave“ oder „5. Kolonne der Perser“ denunziert wurde, kombinierte. Seit den 1970ern waren die Yeziden einer gnadenlosen Arabisierung unterworfen, ihre Dörfer wurden verbrannt und ihr Boden an loyale muslimische Araber übereignet. Auch nach den jüngsten jihadistischen Attacken auf die irakischen Yeziden in Şengal wurde die Kollaboration sunnitischer Stämme, die die Attacken der Daʿesh flankierten, mit einem Anteil an der „Beute“ entgolten. “Wir versklaven, verkaufen und teilen yezidische Frauen und Kinder unter uns auf“, heißt es in “Dabiq”, einem Fanzine des „Islamischen Staates“. Anders als Christen und Juden, die Tod und Versklavung durch die erpresste Zahlung der Jizya entfliehen können, seien Yeziden “absolute Ungläubige” und fielen somit als ”Beute” an die Jihadisten. Weit über 3000 Yeziden wurden seit den Attacken auf Şengal, wo ein Großteil der irakischen Yeziden leben, verschleppt. Diese Sklavenökonomie ist eine weitere perfide Form der genozidal verfolgten Ausrottung der als “Teufelsanbeter” denunzierten Yeziden. Aktuell forciert Daʿesh seine Attacken auf Şengal, bis zu zehntausend Menschen sind im Gebirge von jeder Fluchtroute abgeschnitten. Wenn die Geflüchteten nicht durch die Hände der Jihadisten sterben, droht ihnen Dehydration und Hunger mit dem Tod.

Die syrische Katastrophe

Das syrische Assad-Regime präsentierte den Jihadisten alsbald eine weitere Expansionsfläche. Noch ganz zu Beginn der Revolte amnestierte Assad hunderte von ihnen mit dem Kalkül, diese würden die Opposition mehr schädigen als es selbst bedrohen und natürlich um das Alibi geliefert zu bekommen für das gnadenloses Vorgehen gegen jede Opposition. Die berüchtigten Fassbomben, mit denen das Assad-Regime anderswo kaum mehr hinterließ als Ruinen und Leichengestank, sparten die Frontverläufe der Daʿesh zunächst systematisch aus. Wo es zu Konfrontationen kommt, nehmen diese Alibicharakter an – so blutig sie auch sein mögen, etwa die Hinrichtungsorgien an Soldaten Assads. Daʿesh konzentriert sich zunächst darauf, die militantesten Gegner des Regimes in Grabenkämpfe zu zwingen und das letzte säkulare Refugium Syriens einzunehmen, wo der Irrsinn noch nicht über alles triumphiert hat: Syrisch-Kurdistan alias Rojava. Wie es scheint ist das Kalkül des Assad-Regimes weitgehend aufgegangen: In stiller Verständigung mit den Jihadisten der Daʿesh wurde die Opposition in allen ihren Varianten aufgerieben, während heute, wo die US-Amerikaner gegen Daʿesh vorgehen, das Regime sich unwidersprochen als Stabilitätsgarant präsentieren kann. Indessen ist es in Halab/Aleppo dieselbe Prozedur: Assad sät, d.h. bombardiert und hungert aus, und Daʿesh erntet. „Aleppo existiert nicht mehr“, so ein Geflüchteter aus der Millionenruine.

Der Protektor des syrischen Assad-Regimes ist zugleich die schiitische Variante der Daʿesh und herrscht seit 1979 im Iran über mehr als 75 Millionen Menschen. Dieser Islamische Staat rekrutiert tausende Jihadisten für Assad & Shiah, verfolgt einen schleichenden aber systematischen Genozid an der religiösen Minorität der Bahá'í, propagiert wie Daʿesh den Mord an den Juden und verdächtigt Kurdistan, ein Hort von Unglauben und Verrat zu sein. Wie Daʿesh richtet er gnadenlos über reale und imaginierte Abtrünnige. „Mitleid mit den Feinden des Islam ist Naivität“, so Ayatollah Khomeini, der Übervater dieser Despotie, in seinem Todesdekret des Jahres 1988, mit dem er die Hinrichtungen tausender Dissidenten anbefahl. „Zögern“ hieße, „das reine, unbefleckte Blut der Märtyrer zu ignorieren.“ Es ist diese schiitische Variante der Daʿesh, die sich nun als Garant von Stabilität empfiehlt - eine Stabilität, die sich nur als Grabessruhe äußern kann. Sipan Hemo, Kommandeur der Selbstverteidigungsbrigaden in Syrisch-Kurdistan: Yekîneyên Parastina Gel (YPG), charakterisiert die Interessen der khomeinistischen Despotie als Strategie einer weiteren Eskalation des konfessionellen Konflikts. Sie verfolge mit ihr, sich als Souverän des schiitischen Halbmondes, der sich vom Iran über den Irak bis zum Südlibanon erstreckt, zu installieren. Daʿesh fungiert der khomeinistischen Despotie als Komplementär. Es scheint in ihrem Interesse zu sein, dass es die Irrsten unter den Irren sind, die nun den Hass der irakischen Sunniten auf das schiitische Maliki-Regime in Baghdad orchestrieren. Exemplifiziert die syrische Katastrophe doch wie Daʿesh noch die ideologisch engsten Verwandten, etwa Ahrar al-Sham oder Jabhat al-Nusra, in Fehden aufreibt und jede Opposition sprengt. 

Daʿesh als türkische Kontrabande

Daʿesh ist kein Produkt anderer als die, die im irakischen Mosul die Bleiben christlicher Assyrer in Androhung eines Pogroms oder zur Erhebung der Jizya markieren, dieser Jihad ist kein Produkt anderer als die, die in Şengal Yeziden massakrieren und versklaven. Dass Daʿesh ein authentisches Eigenprodukt grüner Faschisten ist, heißt aber nicht, dass diese keine Gönner hätten und ihr Vormarsch nicht von diesen abhängig ist. Noch in den 1980ern hat der türkische „derin devlet“, die verborgenen Strukturen des tiefen Staates, Islamisten als Kontraguerilla organisiert. Diese Hizbullahî Kurdî war zunächst eine Bewegung von Bewunderern Ayatollahs Khomeini und der „Islamischen Revolution“ im Iran, vor allem auch kurdischstämmige Graue Wölfe aus Elazığ und Diyarbakır etwa, die in den Knästen der Militärjunta vom 12. September 1980 frömmlerisch wurden, schlossen sich ihr an. In den 1990ern zählte ihr militantester Flügel 20.000 Killer in seinen Reihen, tausende zählen die von ihm Ermordeten: etwa Angehörige der Juristenvereinigung İnsan Hakları Derneği (İHD), die politisch Inhaftierte, Gefolterte und Hinterbliebene von Verschwundenen verteidigt, und kritische Autoren von Özgür Gündem und Gerçek. Ganz ähnlich wie heute das Erdoğan-Regime sagte im Jahr 1993 der Gouverneur für die südöstlichen Provinzen im Ausnahmezustand, Ünal Erkan, dass sie, so lange die PKK existiere, solche Organisationen wie die Hizbullahî Kurdî nicht zerschlagen werden (im Gespräch mit Milliyet, 7.02.1993). Heute sagt Erdoğan: "Wir dulden keine Terroristen an unser Grenze“ und meint damit nicht Daʿesh, viel mehr die säkularen Selbstverteidigungsbrigaden Rojavas. Nachdem im Jahr 2000 der türkische Staatsapparat die Hizbullahî Kurdî dann doch zerschlug – sie hatte ihren Dienst getan und entwickelte ein bedrohliches Eigenleben – und nicht wenige Angehörige dieser Todesschwadrone sich im deutschen Exil reorganisierten, amnestierte Erdoğan im Jahr 2011 die letzten inhaftierten Hizbullahis. Mit anderen gründeten sie die legale Partei Hür Dava Partisi. Aussagen des oppositionellen Parlamentariers Demir Çelik zufolge hätten sich zudem 2000 Angehörige der Hizbullahî Kurdî in Syrien und dem Irak der Daʿesh angeschlossen.

Es sind vorrangig islamistische NGOs, die sich der direkten logistischen und propagandistischen Flankierung des syrischen Jihads annehmen, dieselben NGOs, die vom Erdoğan-Regime noch jeden Auftrag zum antiisraelischen Krawall zugeteilt bekommen: Yardım Vakfım alias İHH etwa, die in Europa und der Türkei hunderte Jihadisten rekrutiert. Mindestens ein Veteran der antiisraelischen Märtyrer-Flottille der İHH ist in Syrien im Kampf für die mit al-Qaida assoziierte Jabhat al-Nusra gestorben. In Gaziantep, unweit der türkisch-syrischen Grenze, verfügt İmkan-Der, eine weitere islamistische NGO, über eine eigene Charité für verwundete Jihadisten von Ahrar al-Sham, einem weiteren al-Qaida-Sidekick in Syrien. Das Erdoğan-Regime dagegen unterlässt alles, was die Jihadisten in die Enge treiben könnte. Während diese sich im türkisch-syrischen Grenzgebiet ungezwungen von einer Seite zur anderen bewegen als wäre ihr postnationales Kalifat noch dieser Tage Realität, werden weiterhin Hirten und andere Grenzgänger von türkischem Militär bedroht, ermordet und verstümmelt; während türkische Panzergrenadierbataillone auf den an Kobanê angrenzenden Hügeln selbst auf den Beschuss türkischen Bodens durch Daʿesh nicht reagieren, werden Solidaritätsaktionen für die Geflüchteten aus Kobanê massiv von Militärpolizei attackiert. Im Süden und Osten der Türkei morden unterdessen dieselben Bluthunde, die seit den 1970ern noch jede Opposition mit Pogrom und Meuchelmord überzog. In Gaziantep ist es ein militanter Rudel von Grauen Wölfen, der sich in stiller Verständigung mit der Polizei auf mörderische Kurdenhatz begibt. Und in Diyarbakır sind es eben jene Hizbollahis, die erneut eng in die Repressionsstrukturen des türkischen Staates eingebunden werden, d.h. Oppositionelle hetzen und ermorden, verschleppen und foltern ohne eigene Konsequenzen.

Monatelang forderten die Selbstverteidigungsbrigaden Rojavas das Mindeste ein, womit sie den massiven Attacken von Ahrar al-Sham, Jabhat al-Nusra und Daʿesh entgegnen können: „We need Europe and the United States to support us with technology. Detectors and explosive deactivators are needed to fight IS“. Es wurde ihnen viel zu lange konsequent verweigert. Monatelang forderten sie Europäer und US-Amerikaner als ihre „natürlichen Verbündeten“ auf, Luftbombardements gegen Daʿesh zu intensivieren und vor allem auf die Frontverschiebungen Richtung Kobanê zu reagieren. Es kam lange nur zu kosmetischen Eingriffen - bis zu dem Moment als die Enklave Kobanê zu 30 oder 40 Prozent von Daʿesh eingenommen war und zumindest die US-Amerikaner mit forcierten Luftbombardements und einer Luftbrücke den Aufgeriebenen beikamen. Erdoğan beschuldigt nun die US-Amerikaner, mit den Munitionstransporten für die in Kobanê ausharrenden Brigadisten der YPG „Terroristen“ zu unterstützen. Wenn irgendetwas ein System hat, dann dass jede konkrete Solidarität bis aufs Äußerste hinausgezögert wird. So empfand auch der drittgrößte Exporteur von Mordswaren, Deutschland, eine Aufrüstung der Peshmerga als Reaktion auf die Attacken der Daʿesh auf Şengal zunächst als „falsche Antwort“ und drängte die Bedrohten, sich wieder den Intrigen und Winkelzügen des schiitischen und Iran-hörigen Maliki-Regimes in Baghdad zu unterwerfen, bevor damit begonnen wurde, den Peshmerga Militärschrott zu liefern.

Die Selbstverteidigungsbrigaden Rojavas bedanken sich noch für jeden Flug der United States Air Force auf Positionen der Islamisten in der nüchternen Gewissheit, dass einerseits das US-amerikanische Militär seine Schlagkraft gegen Daʿesh gedrosselt hält, anderseits der anti-US-amerikanische Verschwörungswahn die ideologische Flanke eines jeden regionalen Regimes – von Khomeini über Assad bis Erdoğan - ist, das Daʿesh direkt instrumentalisiert. In unzähligen Kommentaren analysieren Kommandeure der YPG die regionalen Konstellationen: Sie sprechen von der Verlogenheit Assads und des khomeinistischen Irans und der türkischen Flanke der Daʿesh. Vieles von dem wird im europäischen Solidaritätsmilieu konsequent ignoriert. Auch in diesem herrscht die Borniertheit vor, in der die regionalen Regime höchstens als Agenten Dritter fungieren. Von der nationalen Spezifik, der Verrohung durch islamische und nationale Ideologien und der konkreten Gewalt des Souveräns wird abgesehen, wo einzig das Interesse als perfide Verschwörung denunziert wird. In der Konsequenz ist die antiimperialistische Ideologie die aktuellste Form eurozentristischen und rassistischen Denkens: der Figur „des Orientalen“ wird ihr Opferstatus eingebrannt, dieser sei affektiv und leicht zu instrumentalisieren, Ratio und Interesse wird allein – und im denunziatorischen Sinne - „dem Westen“ zugesprochen. Es sind die Brigadisten der YPG, die die Hoffnung an die eine Gattung Mensch und die Universalität von Emanzipation und Säkularität verteidigen und allein aus diesem Grund den US-Amerikanern – auch wenn diese sie viel zu lange allein ließen – weniger Verachtungentgegenbringen als den Despoten des Mittleren Ostens selbst.

Es irrt, wer sich der US-amerikanischen und europäischen Geopolitik einzig mit den Kategorien „Interesse“ und „Zweckrationalität“ nähert. Geopolitik im Mittleren Osten heißt vor allem Einfühlung in die Grabesruhe. Nicht nur, dass mit ihrer engen Einbindung in die „Internationale Allianz“ jene Despotie rehabilitiert wurde, die seit Anbeginn ihrer Existenz eine Variante des Islam nach innen konserviert und nach außen voranbringt, die dem „Islamischen Staat“ am ähnlichsten ist: Saudi-Arabien. Nicht nur, dass noch jene Shariah Firma, welche von Libyen über Ägypten bis nach Syrien Jihadisten, wie die Jabhat al-Nusra, finanziert, in die Koalition einbezogen ist: Katar. Wird nun darüber hinaus auch noch von Kerry bis Ischinger die schiitische Variante von Daʿesh, die khomeinistische Despotie im Iran, als wesentlicher Stabilitätsgarant des Mittleren Ostens gehandelt.

Die pathische Indolenz gegenüber den Opfern jener Despotien schlägt entlang der europäischen Grenzen in unverschämte Aggression um. Hunderttausende sind aus anderen Teilen Syriens und Iraks nach Kurdistan geflüchtet. Sie sind untergekommen in feuchten Rohbauten oder unter Planen, die bei den starken Regenfällen der vergangenen Tage davongespült werden. Unterdessen wird in Europa die Jagdsaisonausgerufen und strömen in einer koordinierten Aktion 20.000 Polizisten aus, um „Illegale“ aufzugreifen. Die größte Betroffenengruppe sind Geflüchtete aus der syrischen Hölle. An den Hochtechnologiezäunen von Melilla werden Menschen gesteinigt und in den sterilen, von der EU-Kommission finanzierten griechischen Internierungszentren noch die letzten Nerven aufgezehrt. Jene, die „durchgekommen“ und nun in einer deutschen Flüchtlingskaserne auszuharren gezwungen sind, müssen erfahren, dass die ideologischen Brüder von al-Almani sie auch hier bedrohen. Yezidische und christliche Geflüchtete wurden in den vergangenen Monaten wieder und wieder Opfer islamistischer Aggressionen. Doch als wäre der genozidale Terror der Jihadisten sowie der traditionelle muslimische Hass auf die „Teufelsanbeter“ eine Frage subjektiven Empfindens und nicht einer objektiven Katastrophe, bezweifeltdas Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Generalbedrohung von Yeziden im Irak und anderswo. Noch sie werden in der Angst gelassen, dass ein Abschiebekommando sie irgendwann aus den Schlaf reißen könnte.

Solidarität mit den Säkularen des Mittleren Ostens

Die Hoffnung harrt im Moment in Kurdistan aus. Nicht dass dort die Zentralisation von Souveränität völlig unblutige Formen angenommen hat, so wurde hier doch eine Entwicklung eingeschlagen, die konträr liegt zum islamischen Rollback in der Türkei und der Grabesruhe im Mittleren Osten. In den von den Selbstverteidigungsbrigaden Syrisch-Kurdistans beherrschten Territorien werden Menschen in Absehung ihrer Blutsenge vor der jihadistischen Aggression des IS verteidigt. Tausende Christen flohen aus Halab, Raqqa und anderswoher nach Rojava. Der Syriac Military Council (MFS) christlicher Assyrer ist mit der YPG assoziiert und verteidigt, Seite an Seite, den östlich von Kobanê gelegenen Kanton Jazira, in dem auch viele yezidische Geflüchtete ausharren. Neben assyrischen Christen organisieren sich tausende junge Frauen in den Selbstverteidigungseinheiten, Yekîneyên Parastina Jin (YPJ). Mag es unter dem Antlitz Abdullah Öcaclans auch etwas zwieschlächtiges und ideologisches anhaften, das Versprechen, das sich die Rekrutinnen der YPJ geben, „Jin Jiyan Azadî” (Frau – Leben - Freiheit), ist angesichts der Frauenverachtung und Todesbeschwörung der Jihadisten, “Wir lieben den Tod wie ihr das Leben” , jener militante Konter auf die islamistische Aggression, der keinen Zweifel daran lässt, was es vorrangig zu verteidigen gilt: nicht die Scholle, nicht die inzestiöse Blutsenge, allem anderen voran die Hoffnung auf ein besseres Leben.

Unsere Hoffnung ist es, dass sie ihre Verbündeten etwa in jenen finden, die im Jahr 2009 zu hunderttausenden gegen die schiitische Variante der Daʿesh revoltiert haben – und doch allein geblieben sind. In den vergangenen Tagen protestierten zumindest in Iranisch-Kurdistan, etwa in Sardasht, Marivan und Kermanshah, tausende Menschen gegen die Terrorisierung der Yeziden und die Bedrohung von Kobanê durch den IS. Peshmerga der Demokratischen Partei Kurdistan-Iran (PDK-I) rückten nach Şengal vor, um den Yeziden beizustehen. Nur zu viele Jahre zwang die Repression die Menschen im Iran zu schweigen – heute protestieren in Isfahan und Teheran wieder hunderte Menschen gegen sich häufende Säuereattacken auf junge Frauen. Sie schreien: „Tod den religiösen Fanatikern“.


Politisch Inhaftierte im Iran in Solidarität mit Kobanê (v.r.n.l.): Afshin Hirtian (inhaftiert für seinen Kampf gegen Kinderausbeutung), Vahid Asghari (Blogger, bedroht mit der Todesstrafe), Behnam Ebrahimzadeh (kämpfte an der proletarischen Front) and Khaled Khardani (Oppositioneller aus Ahwaz/Khuzestan, dem arabischen Iran).

Sonntag, 27. Juli 2014

Vom „Irakischen Widerstand“ zum „Islamischen Staat“


Keine andere Firma ändert so häufig ihren Markennamen: ... al-Qaeda in Iraq, Mujahideen Shura Council, Islamic State of Iraq, Islamic State of Iraq and the Levant und nun, wo das Kalifat als finale Unternehmung ausgeschrieben worden ist, Islamic State (1). Für europäische Antiimperialisten dagegen hieß sie noch an anderen Tagen, vereint mit jenen Koalitionären aus Nationaljihadisten (2) und Baʿthisten, mit denen der IS jüngst Mosul eingenommen hat, „Irakischer Widerstand“. Ihm widmeten die Antiimperialisten ihre Solidarität. Das Gespräch, das Wilhelm Langthaler vom „Campo Antiimperialista“ im Juli 2007 für das antizionistische Fanzine „Intifada“ mit dem Iraker Abduljabar al-Kubaysi führte, ist nur eine unter vielen Apologien des Jihads im Irak. Kubaysis Erzählung aber, wie al-Qaida, rekrutiert aus jihadistischen Internationalisten, in weitgehend geschlossene Stammes- und Clanstrukturen einsickern konnte, könnte auch von kritischem Interesse sein.

Als im Jahr 2003 ein drohender regime change ihr Interesse am Irak provozierte wurde der Exil-Iraker Kubaysi so manchen europäischen Antiimperialisten zu etwas wie ein Saddam Hussein zum Anfassen. Seit 1958 ein militanter Baʿthist drohte Kubaysi noch vor dem totalen Zugriff Saddam Husseins auf die Partei der nationalen Wiedergeburt, in Baʿth-internen Fehden aufgerieben zu werden, so dass er 1976 den Irak zu verlassen gezwungen war und nunmehr im Damaszener Exil den panarabistischen Parteiflügel repräsentierte. Nachdem er 1997 auch Syrien verließ, zog es ihn 2002 aus dem europäischen Exil wieder in den Irak, um dort in „einer Atmosphäre der Versöhnung mit den irakischen Patrioten“ um Saddam Hussein die irakische Reaktion auf einen drohenden regime change anzurichten. Von exilierten Genossen wurde Kubaysi vorgeworfen, als Baʿth-Milizionär mitverantwortlich zu sein für Morde an mehreren tausend Kadern und Sympathisanten der Irakischen Kommunistischen Partei im Jahr 1963. Kubaysi aktualisierte alsdann die Todesdrohung an die Überlebenden von „al-Anfal“, jener Militärkampagne, mit der die Baʿth-Despotie in den Jahren 1988 und 1989 das irakische Kurdistan überzog (3). Entweder würden sie der Kollaboration mit den US-Amerikanern abschwören und sich dem arabisch-islamischen Vaterland fügen oder sie werden für den Verrat büßen. Auch Kommunisten, die den Islam als Identitätskitt der Iraker bedrohen, markierte Kubaysi als Verräter und kitzelte damit den völkischen Instinktiv seiner europäischen Kameraden. Langthaler, einer der Initiatoren des Mordaufrufs „10 Euro für den irakischen Widerstand“, enttarnte die kommunistischen Dissidenten als Kulturzersetzer: Diese seien „was ihre politische Tradition und Kultur betrifft, durch und durch persisch“, an ihnen hafte der „Säkularismus der persischen Intelligenz“. 

Waren es zunächst noch einstige Generäle und Offiziere Saddam Husseins, die die irakische Straße mit Blut tauften, sprach Kubaysi im Gespräch mit der „Intifada“ ohne jedes Bedauern aus, dass es nun womöglich al-Qaida sei, die nunmehr „die stärkste Organisation des Widerstands“ geworden ist. “Sie marschieren getrennt von allen anderen“, so Kubaysi, doch gebe es „lokale militärische Kooperation“ mit den Jihadisten. Es war als erstes Saddam Hussein, so Kubaysi, der sich durch den Irak schlich, um Stammesälteste und versprengte Offiziere zu kontaktieren, und den Loyalisten anbefahl, Nation und Islam, nicht aber sein eigenes Konterfei zu Symbolen des Widerstandes zu machen. Kubaysi würdigt die Askese der Jihadisten, ihr „spartanisches Leben"“ in dem alles dem Jihad „geopfert und untergeordnet“ werde. Durch einen nicht schwindenden Geldfluss - dazu, wo dieser entspringe, sagte Kubaysi nichts -  hätte sich al-Qaida bei den sunnitischen Stämmen eingekauft, aus denen sich noch zuvor – auch dazu sagt Kubaysi nichts - die Funktionäre und Profiteure des Baʿth-Apparates rekrutiert hatten.

Der Baʿthist Kubaysi nimmt al-Qaida von jeder Schuld an dem konfessionellen Abschlachten aus. Die systematischen Morde an Schiiten seien keine Strategie, viel mehr nur „einige wenige Reaktionen“ auf Morde durch Schiiten, eine militante Defensive, die aber allen „Vernünftigen unter den Schiiten“ wissen lässt: beendet die Verdrängung der Sunniten aus Baghdad sowie die Kollaboration mit US-Amerikanern und Iranern oder aber ihr werdet „die Verantwortung dafür tragen müssen“. Heute bedarf der IS keiner Legitimation mehr. Wo sie herrscht, werden religiöse Minoritäten identifiziert, zur Konversion, Jizya oder Flucht gezwungen oder aber, bei Nichtbefolgung, mit dem Tod bedroht.   

Neben dem USA und Israel sowieso markierte Kubaysi den khomeinistischen Iran, die Hizbollah sowie ihre irakischen Satelliten als Todfeinde des Iraks. Sie hätten Muqtada al-Sadr, dem klerikalen Ganglord aus den schiitischen Slums im Nordosten Baghdads, zur Kollaboration mit dem Kompradorenregime und zur Terrorisierung der Sunniten gedrängt. Seine Mahdi-Armee, so Kubaysi, sei  weitgehend von Iranern infiltriert. Die Satelliten Irans würden nicht nur jeden töten wollen, den sie verdächtigen, Baʿthist zu sein, sie würden auch durch die Einschleppung von Prostitution und Rausch die kulturelle Integrität der irakischen Stämme untergraben. Nicht, dass den europäischen Antiimperialisten irgendetwas daran irritiert hätte, was Kubaysi zu al-Qaida im Irak äußerte. Sie bewarben die virtuelle al-Qaida wie „Jihad Unspun“ und horchten ehrfürchtig der Erzählung eines Halsabschneiders, wie die baʿthistische Todesschwadrone Saddam-Fedajin, die Opferbereiten Saddam Husseins, die abgetrennten Köpfe getöteter US-Amerikaner als Trophäe präsentierten. Viel mehr noch drohten im deutschen Zentralorgan der „Irakischen Résistance“ jene für Halabja und andere Bestialitäten verantwortliche „ehemalige Generäle Saddam Husseins“ jedem mit dem Tod, der auch nur ein Laken für einen US-Amerikaner falze: „Iraker oder nicht, es sind Verräter.“ Am effizientesten, so die Apologeten des Todes, schlüge die „Kamikaze“ zu, eine Todesschwadrone von etwa 5.000 Märtyrern, die nur „einen mündlichen Befehl“ bräuchten, um den Irak nichts als geschmolzenes Metall und dem beißenden Geruch nach verbranntem Fleisch zu vermachen. Eine Rivalität der Baʿthisten zu den Jihadisten hätte es allein darin gegeben, wer mehr US-Amerikaner und ihre Kollaborateure tötete.

Der Irak wurde wie in den 1980ern Afghanistan ein Laboratorium jihadistischer Höllenhunde. Die Rache der sunnitischen Stämme zwischen Haditha und Tikrit, Ramadi und Fallujah für die Verdrängung aus den Funktionen des Apparates traf sich mit der Generalmobilmachung salafistischer Jihadisten, die in den Ruinen der Baʿth-Despotie das geeignete Terrain – ein extensives System von Expresstraßen, das den ausschweifendem Gebrauch von IEDs (Improvised Explosive Devices) und Kamikaze-Kommandos heraufbeschwörte - vorfanden als auch die unter Saddam Hussein ausgereizte konfessionelle Entzweiung von Shiah (schīʿat ʿAlī: „Partei Alis“) und ahl as-sunna („Volk der Tradition“). Jihadistische Internationalisten kamen zu Tausenden zur Bluttaufe des post-baʿthistischen Iraks und gruben sich unter vielsagenden Namen wie Brigades of Monotheism and Religious Conservatism, Conquering Army, Assembly of the Helpers of Sunnah, Wakefulness and Holy War oder Secret Islamic Army im Irak ein, während die geschlagenen Baʿthisten und Loyalisten Saddam Husseins Mimikry betrieben und sich in Rackets reorganisierten, die in ihrer Rhetorik kaum von den Jihadisten zu unterscheiden sind. Izzat Ibrahim al-Duri, baʿthistischer General und Saddams engster Vertrauter, etwa organisierte mit den Sheikhs des berüchtigten Tarikats der Naqshbandi eine gleichnamige Armee und die Armee Mohammeds fungierte als militanter Flügel der versprengten irakischen Baʿth-Partei. Unterdessen schnürte sich, toleriert von den US-Amerikanern, der Zugriff der Khomeinisten auf die irakische Shiah weiter zu. Schiitische Todesschwadronen von der Asa'ib Ahl al-Haq bis zur Mahdi Army infiltrierten Polizei und Paramilitärs, jagen seither Homosexuelle, Prostituierte, unverschleierte Gebärmaschinen sowie unverheiratete Pärchen und markieren die verbliebenen Sunniten in den schiitischen Viertels Baghdads als Sühneopfer dafür, dass andauernd Schiiten durch die jihadistische Kamikaze in den Tod gerissen werden. Während die Ruinen des Staatsapparates nur noch mehr von Rackets der Shiah und folglich durch die Interessen der khomeinistischen Despotie Iran ausgehöhlt werden, perfektioniert al-Qaida und der IS die Technologien des Todes – allein im vergangenen Jahr kam es im Irak zu 537 car bombings und 238 suicide attacks.

Im syrischen Schlachten fanden sie sich alle wieder ein: die schiitischen Apokalyptiker aus dem Irak, die Asa'ib Ahl al-Haq und Kata'ib Hezbollah etwa, die der khomeinistische Iran zur Flankierung der syrischen Ba'th-Despotie nach Syrien abkommandiert hat sowie ihr verhasster Zwilling, die salafistischen Jihadisten (4). Es ist dabei ein antiimperialistischer Mythos, dass das Assad-Regime für ein modernes, säkulares Syrien gegen die sunnitischen Jihadisten einsteht. Phillip Smyth dokumentiert auf Jihadology.net: Hizballah Cavalcade ausführlich wie in Syrien schiitische Jihadisten aus dem Libanon, dem Irak und Iran aufmarschieren und für ein Überleben des Regimes ihr Leben geben. Sowieso ist es ein Mythos, dass das Assad-Regime ein Garant gegen die Islamisierung Syriens ist. Die Alawitisierung des Ba'th-Regimes, das heißt: die Einnahme der zentralen Funktionsstellen durch Angehörige der religiösen Minorität, ging einher mit der Islamisierung der Alawiten, die flankiert vom Küstengebirge vor allem im westlichen Gouvernement Latakia leben. Das Misstrauen der sunnitischen Autoritäten und das aggressive Agitieren der Muslimbrüder unter den vom Staatsapparat ausgesperrten Sunniten zwang Hafiz al-Assad zur Selbstverleugnung. Die alawitische Praxis wurde nunmehr diskriminiert und die religiöse Minorität der Alawiten selbst einer Missionierungskampagne unterworfen. Demonstrativ betete al-Assad von nun an in der Moschee. Sein Sohn Bashar dagegen protegiert die Schiitisierung der Alawiten. Mit Kapital aus dem khomeinistischen Iran entstanden in Syrien Reliquienschreine schiitischer Heiligenfiguren, die jährlich von tausenden regimetreuen Iranern aufgesucht wurden. Während die Unterdrückung alawitischer Praxis andauerte bei simultaner Inszenierung Assads als Protektor der Minoritäten, lockte die Konversion zur Shiah mit Importbräuten aus dem Iran (siehe IZ3W, #332/2012).

Auffallend ist, dass sich der IS weniger an den Loyalisten Assads aufreibt, er sich viel mehr darauf konzentriert, einerseits die islamistische Konkurrenz in Grabenkämpfe zu zwingen und andererseits eines der letzten Refugien Syriens einzunehmen, in dem der Irrsinn noch nicht triumphiert hat: Syrisch-Kurdistan (Rojava). Sein Sozialwesen – Körperamputationen plus Elektrizität – finanziert der Pseudostaat über die kommenden Industrien des 21. Jahrhunderts: Okkupation von Bohranlagen und Staudämmen mit anschließendem Verkauf der knappen Ressourcen an die feindliche Zentralgewalt, Plünderung von Bankreserven, Geiselnahmen (wobei die Wertigkeit etwa eines nepalesischen Malochers bei nahezu null liegt, dieser also direkt dem Scharfrichter zugestellt wird, ein Franzose oder Brite aber Humankapital im wahrsten Sinne ist), Erpressung von religiösen Minoritäten (islamisch legitimiert: Jizya) sowie natürlich Fundraising und social Networking (siehe des Weiteren: Tomasz Konicz). Die widersprüchlichen Interessen des türkischen Regimes der Muslimbrüder, des syrischen Assad-Regimes sowie des khomeinistischen Irans provozieren nur einen weiteren Wildwuchs des Kalifats:

Erdoğan toleriert den Zustrom von Jihadisten verschiedener Bandenzugehörigkeit über türkisches Staatsterritorium nach Syrien. Während in den vergangenen Monaten Geflüchtete und andere Grenzgänger von türkischem Militär ermordet und verstümmelt wurden, bewegen sich Jihadisten ungezwungen von einer Seite zur anderen als wäre ihr postnationales Kalifat noch dieser Tage Realität. Dem türkischen Regime sind die Jihadisten eine nunmehr etablierte Methode, ein säkulares Kurdistan unter Druck zu halten (5). Nahezu alle Organisationen des politischen Islams in der Türkei mobilisieren unter dem Label „humanitarian aid“ für den Jihad in Syrien: etwa Özgür-Der, Kalem-Der, İmkan-Der, Vahdet Vakfı oder HÜDA-PAR. Allein die Yardım Vakfım alias İHH (Foundation for Human Rights and Freedoms and Humanitarian Relief), die regime-nahe Benefiz-Sparte von Milli Görüş, habe mehr als hundert britische Jihadisten an die syrische Front geschleust sowie hunderte junge Türken rekrutiert. Währenddessen schraubt das Erdoğan-Regime die Blockade des syrischen Kantons Kobanî, in dem über 200.000 Geflüchtete sich aufstauen, weiter an (siehe etwa die letzte UN-Resolution). 

Das Assad-Regime amnestierte noch zu Beginn der Revolte hunderte Jihadisten mit dem Kalkül, diese würden die Opposition mehr schädigen als es selbst bedrohen und natürlich um das Alibi geliefert zu bekommen für das gnadenloses Vorgehen gegen jede Opposition. Die berüchtigten barrel bombs, mit denen das Assad-Regime anderswo kaum mehr hinterlässt als Ruinen und Leichengestank, sparten die Frontverläufe des IS zunächst systematisch aus. Es dauerte bis zur Einnahme Mosuls, also bis zur Tangierung iranischer Interessen im Irak, dass Assad die befristete Bombardierung der Kommandozentrale des IS im syrischen Raqqa anbefahl. Der sich in die Länge ziehende Korso, auf dem die Jihadisten ihre Beute aus dem Irak vorführten, war nicht betroffen. In einem Gespräch mit Mutlu Çiviroğlu charakterisiert Sipan Hemo, „commander-in-chief of the People's Protection Units (YPG)“, die Interessen des khomeinistischen Irans als Strategie einer weiteren Eskalation des konfessionellen Konflikts. Die khomeinistische Despotie verfolge mit ihr, sich als Souverän des schiitischen Halbmondes, der sich vom Iran über den Irak bis zum Südlibanon erstreckt, zu installieren. Der IS fungiert der khomeinistischen Despotie hierbei als Komplementär. Es scheint in ihrem Interesse zu sein, dass es der IS ist, die nun den Hass der irakischen Sunniten auf das schiitischen Maliki-Regime in Baghdad orchestriert. Exemplifiziert die syrische Katastrophe doch wie der IS noch die ideologisch engsten Verwandten, etwa das al-Qaida-Geschwisterchen Jabhat al-Nusra, in Fehden aufreibt und jede Opposition sprengt. Nach der Einnahme Mosuls und Bedrohung Baghdads durch die Jihadisten drohte Teheran noch mit militärischen Konsequenzen – und als Regionalpolizist wird der Iran inzwischen auch in Washington D.C. und Berlin favorisiert. Doch bei großmäuligen Drohungen blieb es dann auch. Iranische Drohnen kreisen über das der irakischen Zentralgewalt entrissene Territorium, doch von Bombardements der Karawanen aus Jihadisten und erbeutetem Mordmaterial – M198-Haubitzen, Humvee's und andere US-amerikanische Hochtechnologien – wurde bislang abgesehen.

Ohne diese Zwieschlächtigkeit in den Interessen des türkischen Muslimbrüder-Regimes, der Assad-Despotie sowie des khomeinistischen Irans wäre es kaum zu dem Landgewinn des „Islamischen Staates“ gekommen. Die Pseudofront zwischen diesen Mimen wäre wahrlich als Verschwörung zu charakterisieren, würde dadurch nicht verdunkelt werden, dass der „Islamische Staat“ weniger das Produkt anderer Interessen ist als das eines Racketisierungsprozess, dem viel mehr mit den Kategorien Krise und Ideologie nachzugehen wäre. Die Jihadisten sind die authentischen Liquidatoren einer absolut ruinösen Modernisierung in den arabischen Staaten (und nicht nur dort), viel mehr: einer Modernisierungsattrappe, dessen Einknicken auch nur durch die Repression des al-Mukhabarat, der politischen Polizei, so lange hinausgezögert werden konnte. Was sich an dem „Islamischen Staat“ exemplifiziert ist die Entgrenzung eines konfessionellen Bandenwesens, welches zuvor noch national integriert war. Die „Alawitisierung“ des syrischen Regimes oder die Sunnitisierung des irakischen Baʿth—Regimes unter Saddam Hussein gehorchte dem objektiven Zwang, sich eine absolut loyale Basis als Staatsmaterial zu halten. Wurde der Staatsapparat auch konfessionalisiert, war die herrschende Clique doch gezwungen, darüber den Schleier eines überkonfessionellen syrischen oder irakischen Nationalismus zu legen.

Die Khomeinisten waren die ersten, die die beschädigte Modernisierung liquidierten und sie verscharrten,wie die Kritiker ihrer Despotie, auf den Totenäckern eines islamisierten Irans. Die khomeinistische Despotie gehorcht - wie denn auch anders - den Imperativen kapitalistischer Reproduktion und vereinnahmt die moderne Technologie zum Zweck der Repression, doch ihr primärer Drang ist nicht mehr der nach Anschluss an die Konkurrenz: sie verfolgt eine regressiv versöhnte Ummah, die im Tod für den Imam das Unglück in der kapitalistischen Konkurrenz austreibt. Die „Islamische Revolution“ im Iran 1979 brach nicht nur mit jedem Modernisierungsversprechen, anders als etwa die auf Rhetorik begrenzte panarabische Ideologie der Baʿth-Regime verfolgten die Khomeinisten von Beginn an die Entgrenzung ihrer Despotie (6). In Folge des ersten al-Quds Tages selbigen Jahres unterzog Imam Khomeini sich und der „Islamischen Revolution“ einer radikalen Selbstkritik. Weder die Revolutionsgarden noch er selbst hätten die Revolution konsequent zu ihrem Ende geführt. Wenn doch, sie hätten jedes widersprechende Wort zum Verstummen gebracht, über jeden Dissidenten gerichtet und jede andere Partei als die ihrige zerschlagen. Wären sie konsequent revolutionär, so Khomeini, existiere es nur noch eine Partei: die Hezbollah, die Partei Gottes. Der von Khomeini ausgerufene al-Quds Tag – und hier spricht sich der Antisemitismus wieder als die zum Furor eskalierende Denkform der Konterrevolution aus – sollte das Ende aller Inkonsequenz markieren. Von nun an, so Khomeini weiter, folgen sie Imam Ali: „Er zog sein Schwert gegen die Verschwörer. Es ist überliefert, dass er siebenhundert Juden an einem Tag tötete. Die Verschwörer sind Ungläubige. Auch die Verschwörer in Kurdistan sind Ungläubige.“ Was folgte war die Menschenschlacht mit dem irakischen Ba‘th-Regime, eine durchs Exekutionskommando erpresste Grabesruhe im Inneren, die Liquidierung der „Verschwörer“ in Iranisch-Kurdistan wie im erzwungenen Exil – und jedes Jahr ein Aufmarsch in Teheran und Beirut, London und Berlin, auf dem das Ende des „Krebsgeschwürs“ Israel simuliert wird. Die Hezbollah dagegen wurde nie „die einzige“ Partei der Muslime, wucherte aber durch iranisches Geld, syrische Logistik und russische Artillerie zu einem eigenen khomeinistischen Staat im Libanon. Der von ihr zu verantwortende Body Count im Judenmord – etwa das AMIA bombing am 18. Juli 1994 im argentinischen Buenos Aires - brachte ihr vorübergehend auch unter sunnitischen Antisemiten Prestige ein (6), konnte aber über die konfessionellen Gräben (und den geopolitischen sowieso) nicht täuschen. Seit dem Einmarsch der Hezbollah in Syrien auf der Seite des “gottlosen” Assad-Regimes wird Hasan Nasrallah, Generalsekretär der “Partei Gottes” und Ikone der „Achse des Widerstandes“, nunmehr in salafistischen Predigten zwischen Kairo und Karachi „Satan“ und nahezu sinngleich: „Sohn der Juden“ gerufen. Einzig im schmalen Gazastreifen verfügt der Iran noch über sunnitische Satelliten: die Hamas sowie der Islamische Jihad, beide dem Schoss der ägyptischen Muslimbrüder entkrochen, denen auch kaum jemand anderes bleibt als der Iran. Zunächst verkalkulierte sich die Hamas und verriet das Assad-Regime, um sich in die Abhängigkeit des ägyptischen Muslimbrüder-Regimes zu begeben, das inzwischen von der eigenen Repression eingeholt worden ist. Das heutige ägyptische Militärregime führt die Hamas nunmehr als “terroristische Organisation”, während das syrische Assad-Regime und die Hezbollah die Hamas beschuldigen, die “wahre Achse des Widerstandes” verraten zu haben und den syrischen Muslimbrüdern beizustehen. Und dann war auch noch Katar, wo das Parteibüro der Hamas residiert, gezwungen, nachdem Milliarden Dollar, mit denen das Emirat die ägyptischen und tunesischen Muslimbrüder sponserte, versandet sind und die syrische Hölle unersättlich in sich hineinfrisst, ihre Generosität gegenüber der Hamas zu korrigieren. Das türkische Regime der Muslimbrüder orchestriert einerseits die Hetze gegen Israel. Mit Ritualmordlegenden bedient Erdoğan das antisemitische Brüllvieh und beschuldigt Israel eines “systematischen Genozids” an den Palästinensern – als wäre es nicht die Türkei, die als Staat in der Ausrottung der anatolischen Christen gründet. Wie in Syrien ergänzen sich hier türkische Staatspolitik und die Graswurzel-Organisationen des Politischen Islam: Fehmi Bülent Yıldırım, Präsident der notorischen İHH,visiert die noch verbliebenen türkischen Juden an und droht ihnen, soweit sie sich nicht von Israel distanzieren, mit Pogromen. Es war auch die İHH, die die Attacken auf die israelischen Repräsentanzen in Istanbul und Ankara koordinierte. Jüngst rief die Organisation zu einer neuen Märtyrer Flottille nach Gaza auf. Andererseits ist die Türkei als NATO-Staat daran gehindert (oder auch nicht daran interessiert), jenes Mordmaterial zu liefern, mit dem die Hamas ihren Jihad führt. Hierzu bedarf es nach wie vor dem khomeinistischen Iran. Und so ist es iranische Technologie & Logistik (BM-21 Grad, M302 rockets etc.), mit denen Hamas und PIJ allen anderen einen Jihad aufoktroyieren, der nichts anders verheißt als den Tod der Mikroben und Bakterien, welche ihnen die Juden sind, und die tugendsterroristische Verwahrung der Eigenen.

Und so hat endlich auch der Tod von 170.000 Menschen – begraben unter den Fassbomben Assads oder hingerichtet durchs jihadistische Kopfschusskommando – noch seinen Sinn, wenn auch einen unmenschlichen, zynischen Sinn. Fotomaterial aus der syrischen oder irakischen Hölle findet im Moment exzessiv Verwertung, um mit ihm dem Objekt anzukreiden, wonach der zwanghaft Projizierende selbst verlangt: den Tod des Anderen. Und so brüllen in diesen Tagen „Israelkritiker“ durch die Straßen: „Chaibar, Chaibar, ya yahud, dschaisch Mohammed saya'ud“ („Chaibar, Chaibar, oh ihr Juden, die Armee Mohammeds wird wiederkommen“*) und „Hamas, Hamas, Juden ins Gas“ und so marschieren potenzielle NSU-Opfer und deutsche Nazis vereint gegen die „jüdische Bestie“. Und während im hessischen Frankfurt die Polizei den Antisemiten das technische Equipment überlässt und durch das Chassis „Kindermörder Israel“ und „Allahu Akbar“ dröhnt, werden Polizisten in Essen von verhinderten Pogromisten als Zionisten beschimpft, weil diese eine Synagoge abschirmen. Ohne dass an der syrischen Front der Tod durchs Schrapnell und das konfessionelle Abschlachten im Irak auch nur für einen Moment ruhen, finden sich im Hass auf die Emanzipationsgewalt der Juden, den Staat Israel, alle wieder vereint. Solidarität mit den Menschen, die in der Hölle Gaza zu leben gezwungen sind, würde darüber trauern, dass das perfide Kalkül der Hamas wieder aufgegangen ist, darüber, tote Kinder als Lebenselixier ihrer Despotie zu produzieren. Solidarität mit den Palästinensern würde nach dem Aufstand gegen die Hamas, den Islamischen Jihad und alle anderen Rackets rufen, auf dass diese nie wieder ihre Artillerie zwischen den Behausungen jener eingraben, deren Tode sie propagandistisch verwerten.

Was die Antizionisten in allen ihren Variationen – seien es nun die veritablen Pogromisten des Alois-Brunner-Gedenkkorps oder die Internationalisten aus der Kasseler Germaniastraße -  den Menschen androhen, die in Syrien zwischen Ba'ath-Despotie und ihrer jihadistischen Konkurrenz aufgerieben werden, ist bei allen dasselbe: nationale Souveränität. „Entscheidungen nur durch das syrische Volk“,  beharren etwa deutsche Nazis, bei denen unstrittig ist, wer in Syrien dieses Abstraktum Volk konkretisiert: Bashar Hafez al-Assad. Und das internationalistische „Solidaritätskomitee für Syrien“ aus Frankfurt macht seine Solidarität "mit dem syrischen Volk" davon abhängig, inwieweit dieses "hinter seiner Führung“ stramm stehe. Assad widerstünde, so die Führerphantasie, sich der Verantwortung durch den Gang in "ein 'goldenes' Exil" zu entziehen, viel mehr personifiziere er "Einheit und Einigkeit des syrischen Volkes". Der antiimperialistische Souveränitätsfetischismus entspringt nicht etwa dem Gedanken, der entgrenzenden Racketisierung irgendwie noch Herr zu werden – und sei es mit polizeilichen, also staatsterroristischen Methoden. Dieser entspricht viel mehr der Akzeptanz eines Irrsinns, in der sich etwa die khomeinistische Despotie unter der Totalität des Kapitals als das absolut Andere suggeriert, aber nichts mehr fürchtet als den Ausschluss von den Märkten oder, wie der IS, aggressiver als jede Konkurrenz Kapital akkumuliert. Es ist eine der fatalsten Neigungen des kriselnden Subjekts, sich und das Kollektiv, in das es national, völkisch oder religiös versackt ist, abseits der Totalität des Kapitals zu halluzinieren und Kapital und Krise im Objekt zu personifizieren. So akkumuliert das Subjekt das Moralin, womit es verschleiert, dass sein eigener bornierter Zweck nur die Akkumulation von Kapital ist – wenn es denn nur eine Funktion einzunehmen vermag. Dass die Krise ein Fremdkörper sei und dieser „jüdisch“, ist der Kern des Antisemitismus als präventive Konterrevolution. Diese pathisch indolente Gattung Mensch hungert nach der Figur “des Juden” als Alibi für das Unglück, das sie selbst Tag für Tag reproduziert.

Es scheint als wäre dieses Deutsch-Europa verdammt, die archaische Hölle anderswo in seinen eigenen perfiden Varianten zu reproduzieren - ohne mit ihr in eins zu fallen. Bedroht von 'zigeunerischen Untermenschen', deren als kollektiv unproduktiv identifizierte Population rasant zunehme, und terrorisiert von 'jüdisch-bolschewistischen, schwulen und geldheckenden Übermenschen', dem ewigen Béla Kun, der die Magyaren um die nationale Identität von Krone, Pfeil und Kreuz bringe, formieren sich etwa in Ungarn völkische Rackets, von denen eines nicht von ungefähr HAMASZ heißt. Die pogrom-faschistische Goldene Morgendämmerung dagegen verfolgt nach Selbstaussage, eine griechische Variante der libanesischen Hezbollah zu werden. Im Hass auf die Juden und Israel sowieso inspirieren sich Nazis und Islamisten, Panarabisten und antiimperialistische Internationalisten gegenseitig. Und so propagierte der norwegische Egoshooter-Jihadist Breivik noch in seinem Hass auf muslimische Immigranten eine “al-Qaida für Christen”.

Die europäischen Souveräne tragen das ihrige dazu, dass die nach Europa Geflüchteten keine Freude haben an dem Entkommen vor dem unmittelbaren Zwang und sie in der erdrückenden Enge resignieren. Er rationiert ihr tägliches Brot, um an ihnen vorzuführen, dass Subjektivität ein Privileg ist und ohne völkische Zertifizierung keine Garantie hat. Er hämmert ihnen ihre Überflüssigkeit vor dem Kapital wieder ein, um über die konstitutive Fungibilität der mit ihm identifizierten Subjekte zu täuschen. In der Schweiz etwa, diesem Idyll wider die Krise, werden Geflüchteten zunehmend in unterirdischen Militäranlagen kaserniert. Es ist als würde mit dem Entzug von Tageslicht das Entkommen aus der afghanischen, syrischen oder somalischen Hölle sanktioniert werden. In der oberirdischen Anlage Bremgarten haben die Asylsuchenden nur zwischen neun und siebzehn Uhr Ausgang. Als würde der schweizerische Souverän jede Regung im Blick haben wie anderswo die tugendterroristische Agenturen aus Familie und Racket kontrolliert ein eigener Sicherheitsdienst das Stadtgebiet im Kanton Aargau, durchstreift es nach Abtrünnigen und horcht über einer Hotline jeder rassistischen Denunziation seitens der Autochthonen. Den Geflüchteten sei keine einzige Minute gegönnt, den Moralterror der Taliban, al-Shabaab und anderer aus den Gedanken zu bekommen, und so ist ihnen noch der Besuch des städtischen Schwimmbades untersagt. Der einzige Antirassismus, der im Europa der nächtlichen Abschiebekommandos und grenzkontrollierenden Roboter noch zu haben ist, heißt nicht Garantie auf ein menschenfreundliches Exil für die vor der islamischen Despotie Geflüchteten, er heißt immer nur Einfühlung in die Ideologien und Apparate derer, die am hysterischsten brüllen, das heißt: Kollaboration mit oder mindestens Beschwichtigung gegenüber dem politischen Islam.

Die Hoffnung harrt im Moment im syrischen und irakischen Kurdistan aus. Nicht, dass dort die Zentralisation von Souveränität sehr viel unblutigere Formen als anderswo angenommen hat (8), so wird hier doch der obskurantistische und völkische Irrsinn dahingehend durchbrochen, dass die Menschen in Absehung ihrer Blutsenge sich gegen die islamistische Aggression militant und solidarisch organisieren. Mag es unter dem Antlitz Abdullah Öcaclans auch etwas zwieschlächtiges und ideologisches anhaften, das Versprechen, das sich die Rekrutinnen der Selbstverteidigungsbrigaden geben,„Jin Jiyan Azadî” (Frau – Leben - Freiheit),  ist angesichts der Frauenverachtung und Todesbeschwörung der Islamisten, “Wir lieben den Tod wie ihr das Leben”, jener militante Konter auf die islamistische Aggression, der keinen Zweifel daran lässt, was es vorrangig zu verteidigen gilt: nicht die Scholle, nicht die inzestiöse Blutsenge, allem anderen voran die Hoffnung auf ein besseres Leben. Gäbe es also mit Blick auf die syrische Schlächterei noch Adressaten für zivilisatorische Forderungen und wäre zudem das Banner der „internationalen Solidarität“ nicht längst von islamistischen Apokalyptikern und antiimperialistischen Faschisten okkupiert, die Forderung müsste diese jene sein: Gebt den Menschen in Kafiristan, dem Land der Ungläubigen, wie die Islamisten Kurdistan rufen, alles nötige, um ihr Leben zu verteidigen. 
(1) Ich werde im Folgendem bei der Abkürzung IS bleiben.
(2) Als da wären etwa die salafistischen und nationalislamistischen Organisationen Islamic Army, Mujahideen Army, Ansar al-Sunna,1920 Revolution Brigade und Hamas of Iraq.
(3) Vor dem Mordauftrag „Al-Anfal“, inspiriert von der Koransure: „Die Beute“ , sprach das Baʿth-Regime ein letztes Ultimatum aus: Entweder würden sich die Abtrünnigen der irakischen Nation fügen, mit der Konsequenz einer Zwangskasernierung unter dem strengen Regiment des baʿthistischen Militärs, oder sie würden aus der irakischen Nation herausfallen und als Deserteure gelten. Desertion aber wurde im Irak Saddams, wie auch woanders, mit dem Tod geahndet. Der Tod durchs Gas war integriert in die „al-Anfal-Kampagne“, in der das Baʿth-Regime Arabisierung und Pazifizierung des abtrünnigen Hinterlandes im nördlichen Irak, das abwechselnd als „israelische Enklave“  oder „5. Kolonne der Perser“ denunziert wurde, kombinierte. Allein in Halabja wurden am 16. März 1988 bis zu 5.000 Menschen ermordet als das Baʿth-Militär Sarin und andere toxischen Chemikalien regnen ließ. Die deutsche Flanke der Baʿth-Killer trug hier staatsmännische Züge. Karl Kolb aus der hessischen Provinz etwa diente mit einer Gaskammer, in der die tödlichen Konsequenzen von Chemikalien an Vieh bewertet werden konnten. Südlich von Samarra hatte das Baʿth-Regime noch zu Beginn der 1980er in einer 160 Quadratkilometer großen Sperrzone Pestizide zur „Absicherung der Dattelernte“ zu produzieren begonnen. Involviert war etwa der bayrische Industrielle Anton Eyerle, der in Saddam Hussein einen würdigen Nachkommen Adolf Hitlers ersah. Für den Einkauf der brisanten Waren wurde noch am 17. April 1984 die Tarnfirma W.E.T. in Hamburg initiiert, in der mindestens ein Mann des BND involviert war. Die europäischen Antiimperialisten folgten in ihrer Solidarität mit dem „Irakischen Widerstand“ – ohne auch nur im kleinsten deren ökonomische und politische Potenz zu haben – auf die deutschen Todeskrämer, die in den 1980 dem Baʿth-Regime das technische Detail lieferten für dessen Schlacht gegen „Juden, Perser und andere Insekten“.
(4) Doch nicht nur der Touristikzweig des Jihads prosperiert in der syrischen Hölle, auch einige der Militantesten unter den europäischen Neofaschisten finden sich dort ein, wo sich noch im hemmungslosen Blutbesäufnis von einer 'antiimperialistischen Front gegen Israel' phantasieren lässt: Falangisten aus Polen, die berüchtigte italienische Casa Pound, die griechische Gregor Strasser-Jugend von Makros Krinos und andere verbrüdern sich - etwa als „European Solidarity Front for Syria“ - mit dem Baʿth-Regime und beschwören eine eurasische Front mit al-Assad, Hizbollah und dem khomeinistischen Regime Irans. Einige griechische Nazis hätten nach Selbstaussage sich der Hizbollah in al-Qasr angeschlossen und mindestens elf Kameraden der antiziganistischen Pogromistenpartei Jobbik wären in Syrien als Märtyrer gestorben.
(5) In den 1990er Jahre nahm die Hizbullahî Kurdî eine ähnliche Funktion ein wie heute die Jihadisten der al-Nusra Front und des IS in Syrisch-Kurdistan: die Terrorisierung der säkularen Konkurrenz. Bis zu 2.000 Menschen ermordete diese „Partei Gottes“ in jenen Jahren. Die Getreuen Öcalan, deren Reihen am schwersten von den Fememorden betroffen waren, reagierten staatsmännisch, das heißt: mit Militanz und Beschwichtigung. Sie überfielen, um die Morde an ihren Kadern zu rächen, Dörfer in denen die Hizbullahî Kurdî sich eingegraben hatte, und präsentierten sich selbst als Volkspartei, die die „religiösen Gefühle“ der Muslime achten würde. So war es das Gefolge Öcalans, das nicht nur die Parteikader zur sexuellen Askese und Entbehrung zwang, viel mehr in den Provinzen des Südostens jeden Verkauf von Alkohol zu untersagen drohte. Ihre Konkurrenz hieß Refah, die Milli Görüş-Partei von Erdoğans Ziehvater Necmettin Erbakan, die in der ersten Hälfe der 1990er viele Provinzen der südöstlichen Türkei einnahm und die atheistische PKK zwang, sich selbst als den Islam achtend zu präsentieren.
(6) Wie Saddam Hussein, das Assad-Regime und die palästinensischen Rackets wussten auch die Khomeinisten noch in den ersten Tagen ihrer „Islamischen Revolution“ ein Gros der antiimperialitischen Internationalisten hinter sich. Brian Grogan, Generalsekretär der britischen Sektion der „Vierten Internationalen“ etwa brüstete sich damit, dass er in Teheran auf Protestmärsche gegen das Shah-Regime „Allahu akbar“ rief und auf seinem Gepäck das Antlitz Khomeinis trug. „Gott ist groß“, so Grogan, hieße, das Volk ist stärker als die Armee des Shah. Nach Workers Power, ein Derivat der „Fünften Internationalen“, hat der Anschluss an die Khomeini-Aufmärsche „de facto eine antimilitaristische Einheitsfront“ zur Folge gehabt. Wahrhaft antimilitaristische Sabotageaktionen oppositioneller Iraner dagegen denunzierte die Socialist Worker Party als Dolchstoß. Sie alle geiferten dort gegen den “kulturellen Imperialismus” und für die “kulturelle Identität”, wo Kultur als erstes religiöser Obskurantismus und Zwang unter die Blutsenge heißt. Cindy Jaquith, Parteifunktionärin der US-amerikanischen Socialist Workers Party, etwa erhob den Chador zum Symbol des Widerstandes. Khomeini, so Jaquith, drücke die „nationalistischen und antiimperialistischen Gefühle” der Muslime aus  – es war ihr ein Kompliment. Dem Campo Antiimperialista ist bis heute der Hijab kein aufgezwungenes Grabtuch der Sinnlichkeit: viel mehr „ein Symbol der sich befreienden Frau“ gegen „imperialistische Assimilierung“, worin sich auch die Denunziation jener Dissidentinnen ausspricht, die es riskieren, wider der islamischen Sexualmoral über sich und ihr Leben selbst zu entscheiden.
(7) Aus Kadern der Muslimbrüder rekrutierte sich die Bewegung des Islamischen Jihads in Palästina, die von nun an die Schriften Khomeinis denen der ägyptischen Väter vorzogen. Und in der Türkei provozierte die Islamische Revolution die eine oder andere Spaltung innerhalb der sich formierenden anti-laizistischen Reaktion. Cemalettin „Hocaoğlu“ Kaplan, der noch 1977 für die Partei Necmettin Erbakans antrat und dem von diesem dann die Erbauung der Türken in der Diaspora überantwortet worden ist, verließ im deutschen Exil Milli Görüs und entzog ihr als „Khomeini von Köln“ den Zugriff auf eine beachtliche Anzahl von Moscheen und Gläubigen. Hocaoğlu verachtete den von Erbakan betriebenen Marsch durch die Institutionen. Im Islam, so der Hocaoğlu, habe nur eine Partei zu existieren, die Partei Gottes. Inspiriert von der khomeinistischen Revolution propagierte er die Erhebung der hoca, der Gelehrten in Schrift und Gebet, mit Blick auf ein nahendes Kalifat.
(8) Infolge der Fehde zwischen PDK/DPK Barzanis und der YNK/PUK Talabanis starben in den 1990ern mehrere tausend Menschen. Die PDK ließ sich abwechselnd vom khomeinistischen Iran, dem irakischen Baʿth-Regime und der Türkei instrumentalisieren. 1996 etwa verhalf die PDK Saddam Husseins Republikanischer Garde zur Einnahme Erbils; hunderte PUK-Peshmerga wurden in der Folge hingerichtet. Ein halbes Jahr zuvor hatten Barzani und die US-Amerikaner eine koordinierte Tötung Saddam Husseins durch die PUK und einige irakische Dissidenten verraten. 1997 kollaborierte Barzani dann mit dem türkischen Regime gegen die PKK.